Frankreich ist der gefährlichste Ort in Europa, um Jude zu sein, zu diesem Schluss kommt eine unveröffentlichte Studie vom letzten Jahr. Und die Statistik belegt das: 2018 sind antisemitische Angriffe und Bedrohungen um 75 Prozent gestiegen und einer umfassenden Studie von dem Anti-Defamation League (ADL) zufolge hatten 2019 8,5 Millionen Menschen in Frankreich antisemitische Einstellungen – 17% der gesamten Bevölkerung.
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Die Ergebnisse der Studie von der ADL in Frankreich sind erschreckend: ein Drittel der Befragten stimmt der Aussage „Juden reden immer noch zu viel darüber, was ihnen im Holocaust passiert ist“ zu und noch ein weiteres Drittel glaubt, dass „Juden zu viel Macht in der Geschäftswelt haben”. Die Studie berichtet außerdem, ein Viertel behauptet, dass es „möglicherweise wahr“ ist, dass „Juden auf den internationalen Finanzmärkten zu viel Macht haben“. Diese Einstellungen haben gewaltige Konsequenzen für Juden in Frankreich: die Mehrheit von rassistischen Hassverbrechen wurden 2019 gegen Juden gemacht, so lauten die Daten des französischen Innenministeriums. Dabei machen Juden weniger als 1% der französischen Bevölkerung aus.
Zum Rückzug von der Gesellschaft gezwungen
Über diese Hassverbrechen gegen Juden wird nicht oft in den amerikanischen Medien berichtet, obwohl sie verstörend sind. Juden werden in Frankreich auf der Straße mit Messern angegriffen und erklären, dass sie sich nicht sicher fühlen, in Paris öffentlich eine Kippa zu tragen. Eine ältere Holocaust-Überlebende wurde von radikalen Islamisten in ihrer Pariser Wohnung erstochen. 2006 gab es einen Fall, in dem Ilan Halimi, ein französischer Jude marokkanischer Herkunft, entführt, gefoltert, und getötet wurde.
Wegen dieser Entwicklungen ziehen viele Juden in sichere Nachbarschaften oder nach Israel. Viele französische jüdische Kinder haben öffentliche Schulen verlassen und ihre eigene Mannschaften und Kulturveranstaltungen gegründet. 70% der jüdischen Kinder gehen jetzt auf religiöse Schulen – die höchste Prozentzahl in ganz Europa.
Antisemitismus in Frankreich kommt von drei Seiten, der unveröffentlichten Studie zufolge: von der Rechten, der Linken und radikalen Muslimen. Auf der rechten Seite zeigen Parteien wie Marie Le Pens Partei „Rassemblent National“ immer noch einen anhaltenden Antisemitismus, aber rechte Hassverbrechen gegen Juden machen nicht die Mehrheit von antisemitischen Hassverbrechen aus.
Dann gibt es Antisemitismus auf der linken Seite, er konzentriert sich meistens auf Spannungen um dem Nahostkonflikt. Wegen dieser Spannungen erfahren Juden oft soziale Ausgrenzungen und werden bei Ausschreitungen verletzt oder belästigt. Dieser Aspekt ist auch mit der letzten Quelle des Antisemitismus verbunden: die wachsende Bevölkerung von Muslimen in Frankreich und die drohende Radikalisierung, die nämlich isolierte wurzellose junge Männer betrifft.
In 16 Umfragen, die in den letzten zwölf Jahren in Europa durchgeführt wurden, ist der Antisemitismus unter Muslimen signifikant höher als unter Nicht-Muslimen. In dem unveröffentlichten Bericht wird betont, dass die „größte Bedrohung durch Gewalt“ gegen französische Juden von radikalisierten Muslimen ausgeht. Laut Forschern fielen die Gewaltausbrüche häufig mit Ereignissen im Nahostkonflikt zusammen. In den vergangenen Jahrzehnten hatte Frankreich einen Durchschnitt von 566 antisemitischen Angriffen pro Jahr. Aber im Jahr 2014, im selben Jahr, als es in Israel einen kontroversen Krieg gab, erhöhte sich die Zahl auf 851 Fälle.
Die Antwort der Regierung
Was hat die französische Regierung gemacht, um diesem Problem entgegenzutreten? Es ist schwer für die französische Regierung, Antisemitismus zu bekämpfen, wegen der strengen säkularen Ideologie von Frankreich. Religion und Staat sind streng getrennt. Der Staat muss sich neutral verhalten und alle Religionen als gleich ansehen. 2011 hörte die französische Regierung auf, die Gruppen, die verantwortlich für antisemitische Angriffe sind, zu differenzieren. Daher scheint es schwieriger, den Ursprung zu finden. Aber vor 2011 waren Muslime die größte Gruppe, die als Täter identifiziert wurden, so zitiert die New York Times einen führender Akademiker. Französische staatliche Mittel an die jüdische Gemeinschaft sind nur ein Fünftel von dem, was die britische Regierung gibt, obwohl die jüdische Bevölkerung in Frankreich doppelt so groß ist wie die in Großbritannien. Sarah Stoker (17 Jahre)