Deutschland hat Hassrede und „Fake News” im Internet illegal gemacht- mit dem neuen Gesetz NetzDG. Was bedeutet das und welche Auswirkungen hat es?
Text: Anna-Lena Wörmer (15 Jahre), Featurefoto: Joel Lev-Tov (16 Jahre)
Am 1. Januar 2018 ist in Deutschland ein neues Anti-Hassrede-Gesetz in Kraft getreten. Dieses Gesetz, das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), versucht, Hassrede im Internet zu reduzieren, mit Beschränkungen für das, was man ins Internet, beziehungsweise auf Internet-Plattformen mit mehr als 2 Millionen Nutzern in Deutschland, stellen darf. Somit müssen Hassreden, “Fake-News” oder illegale Materialien in einem Zeitraum von 24 Stunden nachdem sich jemand beschwert von der betreffenden Plattform entfernt werden, sonst droht eine Strafe von bis zu 50 Millionen Euro.
Netzwerke, die unter NetzDG fallen, sind zum Beispiel Facebook, Twitter, Reddit oder Youtube. Solche Plattformen müssen auch alle sechs Monate einen Bericht über die Handhabung mit Beschwerden vorlegen. NetzDG wurde eigentlich im Juni 2017 verabschiedet, aber die betroffenen Netzwerke hatten bis zum neuen Jahr Zeit, sich auf die neuen Anforderungen vorzubereiten. Facebook hat zum Beispiel mehrere Hundert Menschen angeworben, um Beiträge, die eventuell gegen NetzDG verstoßen, zu prüfen.
Ein Gesetz wie NetzDG spiegelt eher einen europäischen Standpunkt wider. In den USA zum Beispiel gibt es keine Einschränkungen für Hassrede, aus Angst, dass es die Meinungsfreiheit behindern könnte, beziehungsweise gegen den 1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika verstößt. Dieser Artikel garantiert das Recht auf bestimmte Freiheiten, darunter Meinungsfreiheit. Der oberste Gerichtshof in den USA hat sogar, berichtet die Washington Post, offiziell bestätigt, dass Hassrede durch den 1. Verfassungszusatz geschützt wird.
Aber auch in Deutschland gibt es Kritik, vor allem von der Alternative für Deutschland (AfD), eine rechtsextreme Partei. Laut der Deutschen Welle nennt die AfD das NetzDG ein “Zensurgesetz”. AfD-Mitglied Beatrix von Storch bezeichnete das neue Gesetz als “Ende des Rechtsstaates.” Aber auch Menschen ohne AfD-Verbindungen haben ihre Probleme mit NetzDG. Viele beschweren sich, weil die betroffenen Netzwerke selber Beiträge prüfen und bestimmen, was gegen das Gesetz verstößt. Das könne dazu führen, dass legale Beiträge entfernt werden, so die Kritik. Spiegel Autor Sascha Lobo behauptet, „da löscht man im Zweifel lieber mal ein bisschen mehr („Overblocking”)”.
Jetzt stellt sich aber die Frage, wie die Deutschen mit dem neuen Gesetz umgehen sollen. Für den durchschnittlichen Internetnutzer sollte es keine große Auswirkung haben, es sei denn er oder sie veröffentlicht regelmäßig Hassreden, „Fake-News” oder illegale Materialien. Mit satirischen Beiträge könnte man eventuell Ärger bekommen, wie zum Beispiel im Fall der Satirezeitschrift „Titanic”, als ein anscheinend islamfeindlicher Tweet gelöscht wurde. In Wahrheit wollte „Titanic” nur AfD-Mitglied Beatrix von Storch verspotten, denn am Ende des Tweets stand in Klammern „bvs”, eine Abkürzung für Beatrix von Storch. Wichtig zu bemerken ist auch, dass viele soziale Netzwerke, die von NetzDG betroffen sind, schon private Regeln gegen Hassrede hatten.