Die Unterschiede der weltweiten Klimabewegung II – USA/Argentinien

Die Klimabewegung hat dank der Kräfte junger Menschen weltweit Fahrt aufgenommen. Junge Leute versuchen, Regierungen dazu zu kriegen, die Klimakrise zu bekämpfen. Aber sie stoßen nur bedingt auf offene Ohren. Joel Lev-Tov hat sich die Klimabewegung weltweit angeschaut. In dem zweiten von vier Artikeln geht es um die Klimabewegung in den USA und Argentinien.

Foto Joel Lev-Tov / Madeline Graham bei einem Klimastreik in Silver Spring, Maryland, (USA), im September 2019

In den USA sagen Aktivisten, dass sie ganz von vorne anfangen müssen, bevor sie überhaupt darüber sprechen, wie man die Klimakrise bekämpfen sollte. „In Amerika haben wir dieses eigenartige Problem: Die Leute debattieren, ob der Klimawandel existiert, anstatt darüber, was man dagegen tun sollte“, sagte die 17-Jährige Madeline Graham.

US-amerikanische Aktivsten versuchen, Fragen der sozialen Gerechtigkeit in den Mittelpunkt zu stellen, wie die Rechte indigener Bevölkerungen und die sozialen Ungleichheiten, die der Klimawandel verschlimmert. Im Gegensatz zu der westlichen Welt hätten indigene Bevölkerungen in Harmonie mit der Erde gelebt, sagte Graham. Es sei daher sehr wichtig, dass die U.S.-Regierung die versprochenen Gebietsaufteilungen einlöse, die die US-Regierung in 370 verschiedenen Abkommen mit indigenen Völker geschlossen hat. Die US-Regierung habe bisher keines dieser Versprechen eingelöst, kritisiert Graham. 

Es trifft die, die am wenigsten dafür können

Aktivisten weisen auch auf die sozialen Ungerechtigkeiten hin, die durch die Klimakrise verstärkt werden: Die marginalisierten Bevölkerungsgruppen der Welt werden von der Klimakrise am härtesten getroffen, obwohl sie am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben.

Es gibt aber Kritik, dass Fridays for Future USA in diese Richtung nicht genug unternimmt. Die Mitglieder von neuen Organisationen wie This is Zero Hour oder Sunrise Movement sind weitaus diverser aufgestellt und stellen diese Themen viel mehr in den Vordergrund. 

2010 erlaubte der Supreme Court Gewerkschaften und Firmen, unbegrenzte Summen an Geld an Kandidaten für politische Ämter zu spenden, was zu immer teureren Wahlen in den USA führte. In diesen Wahlen sind dann Politiker immer mehr auf diese Spenden angewiesen, was zu einer gewissen Abhängigkeit führe, sagen die Aktivisten. Diese Spenden verhinderten sogar die Bekämpfung des Klimawandels. „Politiker werden wie ein Stück Land gekauft“, sagte der 17-jährige Jerome Foster. „Man muss nur durch den Sumpf und durch das dreckige Wasser gucken, um das viele Geld zu sehen, das sich ganz ganz unten versteckt.“

Der 17-jährige Klima-Aktivist Jerome Foster II, Mitte, bei einem Klima-Streik im September 2019 in Washington, D.C. (Foto: Joel Lev-Tov)

Amerikanische Aktivisten versuchen, sich so unparteiisch wie möglich zu verhalten — aber trotzdem nicht apolitisch zu sein. „Wir kritisieren jeden einzelnen Politiker, der nicht handelt, ohne Rücksicht auf dessen Partei“, sagte Graham. „Jeder, der sich weigert, das Problem in Angriff zu nehmen, muss mit dem Zorn der Gesellschaft rechnen!“

In Argentinien sieht es ähnlich aus. Fridays for Future Argentinien tut sich mit indigenen Organisationen zusammen, um Rassismus und Diskriminierung zu bekämpfen. Die Aktivisten versuchen auch zu verhindern, dass Argentiniens Bodenschätze auf dem Weltmarkt im freien Handel landen und dass Argentiniens Wälder abgeholzt werden, um Platz für Tierhaltung zu machen. „Indigene Aktivisten führen diesen Kampf schon seit mehr als 500 Jahren und Fridays for Future will ihnen helfen“, sagte die 20-jährige Aktivistin Hulien Auzza. „Uns ist klar, dass sie die Konsequenzen von Kolonialismus, Kapitalismus und der rücksichtslosen Ausbeutung von Bodenschätzen am meisten tragen müssen. Wir wollen unser Privileg dazu nutzen, ihnen zu helfen.“

Huilen Auzza bei einem Klima-Streik in Argentinien. (Foto: privat)

Auzza ist zwar indigener Abstammung, aber sagte, dass sie nicht selbst auf indigenem Gebiet lebt und daher nicht dieselben Konsequenzen tragen würde wie andere Indigene. Für die junge Frau seien die Probleme anderer Indigener daher abstrakt.

Obwohl Argentinien als fortschrittliches Land gilt, wüssten laut Auzza viele nicht über die Klimakrise Bescheid. Viele sähen es als ein Problem in der fernen Zukunft, das andere Länder betrifft. Deshalb versuche Fridays for Future Argentinien, über die Klimakrise und Fragen sozialer Gerechtigkeit aufzuklären.

Nächsten Samstag: Senegal, Südafrika, Kenia und Uganda

Zuerst wollte ich nur die Klimabewegung in den USA und Deutschland vergleichen. Erst als ich anfing, Aktivisten aus den USA zu interviewen und sie mich darüber informierten, dass der Klimawandel, im Grunde genommen, rassistisch, sexistisch und altersdiskriminierend ist und Arme mehr darunter leiden als Menschen mit besserem Einkommen, wurde mir klar, dass ich dem Thema nicht gerecht werden könnte, wenn ich nur deutsche und amerikanische Aktivisten interviewe. Menschen mit brauner und schwarzer Hautfarbe in den ärmsten Regionen werden am meisten von der Klimakrise in Mitleidenschaft gezogen werden. Es ist also ein doppelter Mangel an Privilegien, der diesen Menschen zu schaffen macht: Sie haben nicht nur kein ausreichendes Einkommen, sondern sind auch nicht weiß. Diese Menschen erhalten in der Berichterstattung und in der Klimabewegung wenig Aufmerksamkeit. Also wurde mir klar, dass ich mit gutem Beispiel voran gehen, Stimmen der Aktivisten aus diesen Regionen hervorheben und gucken sollte, wie Aktivisten aus dem weniger privilegierten Teil der Welt mit diesem Thema umgehen. Joel Lev-Tov

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